10 Unterschiede zwischen Indern und Deutschen

Es gibt viele Dinge die Deutsche und Inder vereinen, dennoch gibt es einige Bereiche in denen es, immer noch, trotz der starken Globalisierung, Unterschiede gibt.

In diesem Beitrag gehen wir auf einige, genauer gesagt auf 10, von diesen Unterschieden ein:

1) Erwachsene Männer die sich gegenseitig die Hände halten

Wir hatten vor kurzem ein Online Meeting auf Skype mit einem Kunden. Einige Teammitglieder standen im Hintergrund, um das Gespräch zu verfolgen. Beide Seiten, der Kunde und wir, hatten die Skype Video Funktionalität angeschaltet. Erst nach dem Einschalten merkte ich, dass einige unserer Teammitglieder Hände haltend im Hintergrund standen.

In Indien ist es eher Normalität, dass erwachsene Männer sich gegenseitig die Hände halten. Das muss wohl sehr verwirrend wirken, für Personen aus Deutschland. In Deutschland ist es eher die Norm, dass Männer als eine Art Alphatier wargenommen werden. „Händchen halten“ passt nicht wirklich in dieses Bild.

2) Mit den Händen essen

In Mitteleuropa ist man daran gewöhnt mit Messer, Gabel, Löffel, etc. zu essen. Dass heisst, man hat einige „Instrumente“ mit denen man das Essen „bearbeitet“ :) . Auf dem Subkontinent ist man es sich noch gewohnt mit den Händen zu essen. Auch das kann befremdlich wirken.

Dennoch ist es uns aus Deutschland jedoch auch nicht unbekannt mit den Händen zu essen. Die meisten würden zum Beispiel Hähnchen mit Pommes mit den Händen essen, und auf Messer und Gabel verzichten.

3) Kommunikation

Besonders in Deutschland sind Menschen sehr direkt und sagen was sie meinen, meistens ohne Umwege.

Auf dem Subkontinent tendiert man dazu, Dinge nicht direkt anzusprechen. Das liegt auch daran, dass man die Ruhe und Ausgeglichenheit auf allen Seiten wahren möchte. Laut Sprechen, hitzige Diskussionen, Anschuldigen, etc. sind nicht gern gesehen in Indien.

Für Menschen, die noch keinen Kontakt mit Indien hatten, ist dies sehr schwer zu verstehen. Die ältere Generation geht sogar soweit, zu Lügen, um dadurch den „Haus“-frieden zu wahren. Wir aus dem deutschsprachigen Raum, sehen das als klares „Lügen“. Die ältere Generation findet es als legitimes Mittel, um die Ausgegelichenheit zu wahren.

Im Geschäftsleben, tendiert man direkten Fragen auszuweichen oder man gibt nur kurze, nicht viel sagende Aussagen. Daher muss man schon genau hinhören, was das gegenüber gerade meint. Ein kurzes „Ja“ kann zum Beispiel einfach nur bedeuten, dass die Nachricht empfangen wurde. Es muss also keine Bejahung der Frage an sich sein. Beispiel: Der Kunde in Deutschland fragt „Wird das Projekt bis zum 12. April fertiggestellt“. Der indische Teamkollege sagt „Ja“. Dieses Ja bedeutet nun nur, dass die Frage verstanden wurde. Es ist also keine Zusage, dass das Projekt auch zum 12. April fertig gestellt wird. Am besten ist es hier, eine kurze Email zu schicken, und nochmals nach einer schriftlichen Bestätigung zu fragen. Das wird dann in den meisten Fällen zuverlässig beantwortet.

4) Geschriebenes Wort versus gesprochenes Wort

Im deutschsprachigen Raum gibt es eine Obsession mit dem Schreiben. Dokumentationen werden für fast jedes Projekt erstellt. Und dies sind dann nicht nur kurze Beschreibungen, sondern gehen wirklich ins kleinste Detail. Projektdokumentationen mit mehreren Hundert Seiten sind keine Seltenheit. Ich persönlich bin der Meinung, dass dies eine sehr gute Angewohnheit ist. Denn dann kann das Projekt auch weitergeführt werden, falls das derzeitige Team anderweitig beschäftigt ist und jemand anders einspringen muss.

In Indien fehlt dieses Denken, zum Thema Dokumentation, noch etwas. Es wird generell weniger geschrieben und mehr gesprochen. So wird Wissen oftmals auch mündlich weitergegeben anstatt in schriftlicher Form.

5) Umgang mit Zeit

Es gibt auf dem Subkontinent sehr viele Menschen. Sicherlich ist dies auch ein Grund warum der Umgang mit Zeit dort anders ist. Falls ein Meeting, im privaten Bereich, für 17:00 Uhr geplant ist, dann kann es schon mal 19:00 Uhr werden, bis alles seinen gewohnten Gang nimmt, d.h. dass auch wirklich die Gäste erscheinen.

Auch in Meetings ist es so, dass viele erst 5 Minuten später beginnen sich auf das Meeting vorzubereiten. Jedoch finde ich das persönlich nicht so schlimm, denn erfahrene Manager und Mitarbeiter in Deutschland tendieren eher etwas verspätet in Meetings aufzutreten.

Auch wenn es um das Thema Projektzeitraum geht, kann man auf dem Subkontinent einiges viel lockerer aufnehmen. Ein geplanter Projektzeitraum von 2 Monaten kann dann auch schnell mal 3 bis 4 Monate werden.

In Deutschland wird, im Gegensatz zu Indien, Zeit als ein sehr sehr wichtiges Gut wahrgenommen. Es ist auch im Privaten Bereich, nicht unüblich, dass das Gegenüber ziemlich entäuscht ist, falls der Zeitpunkt zum Treffen nicht eingehalten wird. Ein deutscher Ansprechpartner wird vieles tun, um Termine pünktlich einzuhalten.

6) Stress-Situationen

Auch wenn es um das Thema Stress-Situationen geht, geht man in Indien anders damit um. Ein Inder der weiss, dass der Bus in 5 Minuten losfährt, und noch auf dem Weg zur Bushaltestelle ist, wird sich nicht die Mühe machen, schneller zu laufen um den Bus noch rechtzeitig zu bekommen, sondern wird einfach den nächsten Bus nehmen. Der Deutsche wiederum würde eventuell seinen Kaffee stehen und liegen lassen und zum Bus hetzen, um diesen noch rechtzeitig zu erreichen.

Nicht nur beim Bus machen sich die Inder weniger Stress, auch bei vielen anderen Situationen, wird immer die einfachere Variante gegenüber der stressigen bevorzugt.

7) Arbeitszeit

Lange Zeit war ich davon ausgegangen, dass sich Mitarbeiter hier auf dem Subkontinent nach regulären Arbeitszeiten arbeiten.

Mit der Zeit habe ich jedoch gemerkt, dass es für die meisten normal ist, auch bis 22:00 Uhr oder länger zu arbeiten.

Einstellungsgespräche per Telefon finden manchmal auch um Mitternacht statt.

Es gibt also die Trennung von Arbeitszeit und Privater Zeit kaum.

In Deutschland hingegen wird der Feierabend sehr ernst genommen. Auch unter Kollegen wird es ungerne gesehen, wenn einer länger Arbeiter als der andere. Spätestens um 18:00 Uhr sind die meisten aus dem Büro. Es gibt zudem eine strikte Trennung zwischen Arbeits und Privater Zeit. Heute gibt es auch die Tendenz, dass man Unternehmensweit die Anweisung bekommt, keine Emails an Mitarbeiter, nach Feierabend zu senden.

8) Abstand/ Umgang mit Raum

Berührungen sind in Deutschland eher ein Tabu. Daher wird generell Abstand gehalten. Man versucht dem anderen „Freiraum“ zu geben. Wenn Leute zu eng zueinander stehen, gibt es fast schon eine konfliktäre Situation.

In Indien ist man sich im Gegensatz dazu gewöhnt, dass es meistens sehr wenig Platz gibt. Heutzutage ist es eventuell nicht mehr so extrem wie vor einigen Jahren. Dennoch, in Zügen und Bussen, sind die Reisendenen auf Kurzstrecken sehr stark anneinander gepresst.

Auch im familiären Umkreis ist es so, dass sehr viele Personen in ein und dem selben Haus wohnen.

In Deutschland tendiert man eher dazu, auszuziehen, sobald man einen Partner gefunden hat, oder eine Arbeitsstelle. In Südasien ist das nur der Fall, wenn die Arbeitsstelle oder der Partner weit entfernt vom Wohnort der Eltern ist.

9) Familiäres Umfeld

Die Inder sind daran gewohnt, fast täglich mit mehreren Verwandten in irgendeiner Weise Kontakt zu haben. Morgens kommt der Onkel für einen Kaffee vorbei. Nachmittags ruft ein Cousin an. Abends besucht man eine Familie aus der weiteren Verwandschaft. Und das wiederholt sich in verschiedensten Formen, fast jeden Tag.

In Deutschland und auch in den anderen deutschsprachigen Ländern, wird sehr viel Wert auf Privatsphäre gelegt. Man tauscht sich nicht ständig mit der Verwandschaft aus, sondern hat meistens einen kleinen Kreis an guten Freunden. Auch werden die Eltern nicht stark in Entscheidungen involviert, auch das ist anders in Indien.

10) Eigentum

Eigentum ist ein sehr komplexes und schwieriges Thema. In Deutschland ist Eigentum heilig. Ein Auto, ein Haus, sogar das eigene Smartphone. Alles wird nicht oder ungern geteilt oder verliehen.

Die Inder sind da etwas bis sehr locker. Es ist nicht unüblich, dass wenn ein Verwandter für eine Weile verreist, dass er sein Auto an die Verwandtschaft weitergibt. Unter den Verwandten wird das Auto dann nach belieben ausgetauscht. Eine Situation die undenkbar wäre in Deutschland. Es käme zu sehr grossen Konfliktsituationen, sollte der Besitzer des Autos etwas davon mitbekommen.

Auch das eigene Haus wird an Verwandte, für die Zeit des Verreisens weitergegeben. Auch dies ein Tabuthema im deutschsprachigen Raum.

Fazit

Die Welt globalisiert sich immer weiter. Jugendliche in Deutschland und Indien hören heutzutage die gleich Musik (englischsprachig), sehen die gleichen Filme (Hollywood), nutzen die gleichen Smartphones (Android und iOS basierend) und verzehren das gleiche Essen (McDonalds, Kentucky Fried Chicken, Dominos Pizzas). Dennoch bestehen auch in der heutigen Zeit kleinere bis grössere Unterschiede, einige von diesen wurden in diesem Beitrag erwähnt.

Wenn man also in Indien ist, sollte man auf diese Dinge acht geben und zum Teil auch Verständnis zeigen, wenn man anders behandelt wird, als dies in Deutschland der Fall gewesen wäre. Oftmals ist dies nicht mit böser Absicht gemeint, sondern einfach, weil es bei verschiedenen Dingen andere Sichtweisen gibt.

Welche Unterschiede sind Ihnen aufgefallen? Ich freue mich auf einen interessanten Austausch.

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Kulturelle Unterschiede im Indische Wirtschaft Blog
Privater Blog von Lea zum Thema
Warum in Indien Kritik Tabu ist
Einige Tipps von Focus.de zur Zusammenarbeit mit Indern

Fotos: Flickr.com/ Schulte


Der Autor: Sascha Thattil arbeitet bei Die Indien Beratung und berät Unternehmen und Unternehmen zum Thema Südasien. Die Indien Beratung ist eine Unternehmensberatung mit Fokus auf Südasien.

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